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Fjorde im Regen und Robben im Sand

Manchmal muss man einfach ein wenig Glück mit dem Wetter haben und in unserem Fall war das nicht wie üblich erwünschter Sonnenschein und wolkenloser Himmel, sondern eine trübe Suppe, tief hängende Wolken, ein grauer Himmel und leichter Nieselregen von allen Seiten. Wo und wann man sich das wünschen kann? Wenn man in Neuseeland im Fjordland zu den Milford Sounds fährt. Denn nur bei Regen schlängeln sich hunderte kleiner Wasserfälle die steinigen schwarzen Felsen runter. Und nur durch die Wolken, die über dem dunklen Wasser hängen und durch die man mit dem kleinen Boot hindurchschippert, wirkt alles wie die verzaubertste Gegend in der ich bisher war. Wer mich kennt, der weiß, dass ich ganz schnell meine Laune dem Wetter anpasse und ich habe noch nie Regen so genossen, wie auf dem Bootstripp durch die Milford Sounds. Wir hatten also Glück mit dem Wetter und besonders mit der Bootstour.

Nachdem wir in Te Anau in ein wieder mal tolles rustikales Hostel eingecheckt hatten – ein moderner Bungalow mit riesigem Gemeinschaftsraum, hoher decke, gemütlichem Ofen und einem putzwütigen Besitzer – verfolgten wir die neusten Meldungen über die Straße nach Milford, die aufgrund sintflutartiger Regenfällen nicht mehr befahrbar war. Der Besitzer des Hostels versicherte uns jedoch, dass hier großer Druck durch die Touristenbehörden gemacht werde und so die Straße sicherlich schnellstmöglich wieder zu befahren sei. Und so verbrachten wir wieder einen etwas ruhigeren Tag in unserem gemütlichen Hostel, spielten Ball, kochten leckere Menüs (denn seit wir zu sechst reisen hat sich unser Speiseplan sehr verändert) und gingen ein bisschen in dem winzigen Ort Te Anau shoppen. Wir sechs brauchen wahrlich nicht viel, um uns zu beschäftigen, so können wir z.B. bis tief in die Nacht am Essenstisch sitzen bleiben, quatschen und lachen. Da muss man sich immer wieder daran erinnern, dass da draußen vor der Tür die schönste und abwechslungsreichste Landschaft auf uns wartet. Am nächsten Tag war die Straße morgens wieder frei und wir brachen früh auf, um nicht in die Reisebuskollonnen der Bustouren zu geraten. Bereits der Weg zu den Sounds hält einige Aussichtspunkte bereit. Im Lonely Planet, der uns leider abhanden gekommen ist, aber zum Glück liegen hier im jeden Hostel ein paar verlorene Exemplare rum, steht: Man kann die Strecke durchaus in 2 Stunden schaffen, aber wer das macht, ist selbst schuld. Denn der Weg ist hier ein Teil des Ziels und so sieht man goldene Täler, zwischen steilen dunklen und schroffen Hängen, in denen Wolken festhängen, oder Greenstone-grüne Seen.

Die Straße wurde noch an einigen Stellen von Schlammbergen befreit (wieder witzige, diesmal aktive Baustellen mit Stop-and-Go-Männern, ich habe endlich einen fotografiert!). Zum Glück wollten um diese Zeit alle in eine Richtung, denn mit Gegenverkehr wäre die Straße wirklich eng geworden. Die Vegetation nahm immer mehr ab, so dass irgendwann nur noch dunkle Felsen mit dazu im Kontrast stehenden schneeweißen dünnen Wasserfällen übrig blieben. Also absolut in ihrer Form und Farbe reduzierte Natur. Die Bilder sehen teilweise aus, als wären sie schwarz-weiß aufgenommen. Der gruseligste Abschnitt war ein Tunnel: Man fährt einfach in ein Loch in den Berg hinein, dessen Masse gefährlich und überwältigend wirkt. Der Tunnel an sich würde wohl keiner deutschen Sicherheitsbestimmung genügen: Er sieht aus, wie ein gesprengter Gang eines Kohlebergwerks: nackte Wände ohne Verkleidung, man sieht die Spuren der Sprengungen und an einigen wenigen Teilen hängt ein Blech an der Decke. Anscheinend ist dort mal was runter gekommen. Übrigens: Wer kauft sich in Neuseeland eigentlich einen Neuwagen? Unser armer Van wird auf jeder Fahrt von herumfliegenden Steinen getroffen, hatte bereits 3 Steinschläge in der Scheibe, als wir ihn gekauft hatten und der gelbe Lack ist schon an ein paar Stellen bis auf das blanke Metall abgesplittert. Aber hier haben die Menschen wohl die gesunde Einstellung, dass ihr Auto ein Nutzfahrzeug und kein makelloser Schatz ist, der jedes Wochenende gepflegt werden muss. Dem Tunnel fehlten auch jegliche Beleuchtungen, Sicherheitsbuchten, Telefone, Schilder etc.

Trotzdem die Straße ein paar Tage geschlossen war, und Neuseeländer denken, dass in Deutschland kein Mensch mehr leben dürfte, weil alle zur Zeit in Neuseeland reisen, war relativ wenig los im „Terminal“ an den Milford Sounds. Ganz auf Tourismus ausgerichtet, gibt es einen kleinen Parkplatz ein Stückchen weg von dem kleinen Hafen. Hier ließen wir die Autos stehen, zogen uns für die feuchte Fahrt passend an und liefen auf einem überdachten Weg zum „Terminal“. Das „Terminal“ sieht aus wie ein kleiner Provinzflughafen, vergleichbar mit dem Baden-Airpark. Im Lonely Planet wird beschrieben, dass es hier auch manchmal zugeht, wie auf einem Flughafen, doch wie gesagt: Wir hatten wohl Glück und konnten sofort an dem erstbesten Schalter gleich links neben dem Eingang sechs Tickets für die nächste Tour buchen. Doppelt Glück hatten wir, weil das wohl die kleinste Schiffslinie dort ist und wir nicht auf einem Riesendampfer, sondern auf einem kleineren gemütlichen Boot individueller und gemütlicher durch die Gewässer geschippert wurden. Die ideale Kleidung für uns war übrigens (für die, die ähnliches vorhaben): lange Funktionsunterwäsche (z.B. Legins), eine feste Jeans drüber, ein T-Shirt, dünner Pullover, Softshell (zweite Regenschicht), Regenjacke (erste Regenabwehr) und ein Hut mit großer Krampe gegen den Nieselregen aus allen Richtungen. Auf diese Weise konnten wir die ganze Zeit am Bug stehen, mit der Ausnahme, als der Captain mit der Bootsspitze in einen Wasserfall hinein fuhr. Nur die ganz großen Helden bleiben dann da vorne stehen, in diesem Fall Jere und Svenja. So sahen sie anschließend auch aus. Ideale Bekleidung für diesen Fall: Bikini und Badehose.

In einem Neuseelandfilm, mit dem zwei „Fernsehmenschen“ in Deutschland durch die Kinos getourt sind, wurden die Sounds eher als überbewertet dargestellt und auch eine deutsche Touristin, die am gleichen Tag dort war, meinte, sie habe in Norwegen beeindruckendere Fjorde gesehen. Ich war noch nicht in Norwegen, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es eine schönere Version dieser Landschaft geben kann, als genau bei diesem Wetter und hier in Neuseeland. Was ich jedoch verstehen kann: Wenn einer von den Touris unbeeindruckt war, die die ganze Zeit im Inneren des Schiffes gesessen und den kostenlosen Tee geschlürft haben. Die haben meiner Meinung nach tatsächlich alles verpasst und die 74 Dollar zum Fenster rausgeworfen.

Leider bringen die Fotos die landschaftliche Stimmung auf dem Weg und in den Milford Sounds nicht annähernd rüber. Aber diese Erinnerung bleibt mir sicherlich lange im Gedächtnis. Also ihr seht, ich und die anderen waren begeistert von diesem Ausflug.

Eine kleine Zwischenepisode aus Te Anau muss ich noch erzählen, bevor es weiter über Bluff (mit Zwischenstopp am empfohlenen „Besten Fish and Ships“ Stand – doch wieder schlägt unserer Meinung nach Wanaka die Konkurenz) nach Owaka geht: In der ersten Nacht stehe ich wie üblich auf, um meine schon sehr schwache Blase zu entleeren. Als ich anschließend in unser Sechserzimmer zurück kehre, schwanke ich schlaftrunkend an den Betten vorbei, fühle meinen Rucksack zu meinen Füßen und möchte darüber hinweg in mein Bett hüpfen, doch ich falle in ein Nichts. Das war ein sehr eigenartiges Gefühl, so ins Leere zu greifen und das erwartete Bett zu verfehlen. Wenn ihr nun auf den Fotos einen großen schwarzen Fleck auf meinem rechten Oberarm seht, wisst ihr, wie ich zu dem Schmuckstück gekommen bin. Ganz allgemein schlafwandel und träume ich (sehr eigenartige Sachen) hier in Neuseeland viel häufiger. Ich frage mich, woran das liegt.

War die Landschaft, durch die wir an der Westküste fuhren eher wie der Wald der Ents (es folgen weitere „Herr der Ringe“ Vergleiche), ähnelte die Welt, durch die wir weiter südlich fahren (Wanaka) zunehmend den goldenen Wiesen, über die Legolas, der Zwerg und Aragon die Orks im zweiten Teil jagen. Es folgen auf dem Weg nach Süden eher glatte kahle und schroffe Felsen und tiefen Schluchten mit Flüssen, wie die, durch die sie mit den Flößen im ersten Teil fahren. Die Catlins im Südosten ähneln dem Auenland, sind aber nicht ganz so saftig-grün. Die runden Hügel sind etwas größer. Und genau hier liegt Owaka, ein winziger Ort direkt an der Küste. Wer sich fragt, wo die ganzen Schafe in Neuseeland leben: Hier sind sie nicht zu übersehen. Die kleinen Hügel sind übersäht mit weißen Flecken. Wir zogen also wieder in unser neues Quartier: Ein Strandhaus mit Seelöwen direkt vor der Haustür! Das Hostel ist zwar eher ein Bungalow mit dünnen Wänden, aber es hat ein gemütliches Flair und eigentlich fühlen wir uns jetzt recht schnell überall schnell zuhause, wo wir gemeinsam anreisen. Die Umgebung ist einfach unschlagbar und so haben wir auch hier schnell noch einmal verlängert, auch wenn es nicht so viel in der Nähe gibt. Wir machten uns wieder eine gute Zeit am gemütlichen Esstisch mit leckerem Essen und zwei wunderbaren Strandspaziergängen, bei dem ich das erste Mal einen Seelöwen in der freien Natur und direkt aus der Nähe gesehen habe, und unseren ersten Pinguin, leider tot auf dem Sand. Tolle Wellen, toller Strand, Muscheln, angenehmes Wasser… was soll man da sagen? Das ist schon geradezu gewohnt perfekt. Wir fragen uns langsam, wie Neuseeländer wohl den Rest der Welt empfinden, wenn sie mal auf Reisen gehen. Der Hostelbesitzer in Owaka hat beispielsweise vor, eine Reise nach Europa zu machen. Er hat uns ausgefragt, wie man in Deutschland reisen und preiswert wohnen kann und dabei ist uns klar geworden, wie viel schwieriger so eine Reise in Deutschland wäre! So leicht ein Auto kaufen? So billig und gut übernachten? Legal arbeiten? Und wer will hier weg? Wo doch ganz Europa mit seinen Landschaften hier verteilt ist? Flüsse mit Inseln, wie der Rhein an seinen breiten Stellen, das weiche Gras und die schroffen Hügel Irlands, die Fjorde Skandinaviens, die Alpen, die Côte d´Azur, alles da und nur ein paar Kilometer voneinander entfernt. Und dann auch noch die freundlichen Menschen, die ihr Land wirklich verdient haben. Der Gedanke hat mich eine Weile beschäftigt und jetzt kann ich sagen, weswegen sich eine Reise dann doch lohnt: Die wirklich alten Gebäude und die Geschichte, große Künstler, wie Shakespeare, Van Gogh und Goethe, die geschützte und geförderte Kultur und das Essen!

posted by cloudy in Milford Sound,Neuseeland,Owaka,Te Anau and have Comments (6)

6 Responses to “Fjorde im Regen und Robben im Sand”

  1. Volkhart Vester sagt:

    Toller Bericht, tolle Bilder. Hoffe, dass ein Video ebenso bald folgt. Verfolge euren Blog regelmäßig. Weiterhin viel Spaß.
    Grüße
    Volkhart

  2. Thomas sagt:

    Schwärm… 🙂
    hamma Bilder!

    lg thomas

  3. czery sagt:

    War auch echt eines der Highlights bisher. Kann man jedem empfehlen, der mal in der Gegend ist 😉
    Viele Grüße nach Deutschland

  4. Benji sagt:

    Hab ich schon erwähnt, dass ich extremst neidisch bin?!
    Grüße an die Mädels…die sehen nett aus :o)

    Liebe Grüße
    Benji

  5. czery sagt:

    Die Mädels sind sogar richtig nett… musst uns halt noch im April besuchen kommen 😉

  6. Jürgen sagt:

    wenn ich die Bilder seh, fällt mir doch gleich die nächste ’shop-sparte‘ ein – Postkarten 😉 auch wieder dolle geschrieben – bin dank eures Blogs wenigstens ‚ein wenig‘ dabei. Viel Spass noch und bis bald an diesem ‚Place‘.

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