Zur richtigen Zeit die richtigen Leute fragen: das ist der beste Tipp, den ich Backpackern geben kann, die hier in Neuseeland eine Arbeit finden wollen. Und: um diesen Zeitpunkt abzupassen, möglichst viele Leute kennenlernen. Als wir uns vor unserer Reise informiert hatten, schien die Arbeitssuche hier in Neuseeland nur ebabine Frage von Tagen zu sein. Überall hieß es, wer sucht, der findet und kann unter Umständen die interessantesten Jobs machen. Denn: Das Motto in Neuseeland sei: Du kannst alles lernen.
Jetzt, hier, im Winter oder gerade in diesem Jahr scheint jedoch alles anders und es ist alles andere als leicht, eine Arbeitsstelle zu finden.
Wie mir ein Deutscher, der schon seit über 10 Jahren in Nelson wohnt, verraten hat, ist gerade hier in dieser Gegend eine so lebenswerte Region, dass sich einige Neuseeländer ab einem gewissen Alter entscheiden, in ihrem Job einen Gang herab zu schalten und sich hier nieder zu lassen. Das Resultat davon ist, dass viele überqualifizierte Leute normale Jobs machen. Ein anderer hat mir verraten, dass außerdem hauptsächlich Neuseeländer eingestellt werden, die sich meist eh untereinander kennen. Zudem kommt im Winter noch hinzu, dass ein gewisser Winterschlaf vor allem in der Gastronomie einsetzt und eher Leute entlassen, als eingestellt werden.
Also alles nicht so einfach. Und so war es absolutes Glück, dass ich an dem einen bestimmten Abend hier im Bug-Hostel die zwei Cleaner (Gäste, die für kostenlose Übernachtung 3 Stunden am Tag putzen) Laura und Claudia angesprochen habe. Wir quatschten über das putzen und ich erfuhr, dass sie außerdem beide noch in einer Pizzeria hier in der Stadt arbeiten, Claudia als Kellnerin, Laura als Küchenhilfe. Sie meinte, dass Claudia und eine zweite Kellnerin nach dieser Woche dort aufhören, um weiter zu reisen und der Besitzer wieder nach einer neuen Kellnerin Ausschau hält. Zuerst hatte ich eher den Job als Küchenhilfe im Kopf, denn ich hatte bereits eine schlechte Probearbeitserfahrung in Deutschland gemacht und für mich entschieden, dass Kellnerin vielleicht nicht die passende Karriere für mich darstellte. Aber ich überwand meine Selbstzweifel und fuhr am gleichen Abend vorbei, um mich bei Amir vorzustellen. Ganz wichtig: Wenn ihr irgendwo von einer freien Stelle hört, wartet nicht noch einen weiteren Tag! Hier geht es um Stunden 😉
Ja, wie das ganze ausgegangen ist, konntet ihr ja schon in einem Videobeitrag sehen.
An dieser Stelle eine kleine Entschuldigung von mir, dass ich mich lange nicht mehr im Blog zu Wort gemeldet habe. Der Grund dafür war, dass ich mich in der gleichen Woche auch für den Hostel-Cleanerjob beworben habe. Mein Tagesablauf sah also so aus:
Um 9:00 aufstehen, kurz etwas essen (ohne geht nicht) und um 9:30 geht es los, in typischer Cleaner-Kleidung (Flipflops, Dreivierteltrainingshose, T-Shirt, i-Pod) zur „Laundry“, einem kleinen Holzhäuschen im Garten, das der Hostelbesitzer Anthony nach einer Anleitung aus dem Internet gebaut hat. Dort stehen die Putzutensilien, wie Eimer, Chemikalien, Lappen und Handtücher. Je nach dem, ob Anthony zur Stelle ist, teilen wir zwei bzw. drei Cleaner uns auf die zwei Seiten des Hostels auf: Die „Dorm“-Seite oder die „Double/Tripple“-Seite. Meine favorisierte Seite ist nicht unbedingt die „Dormseite“, auch wenn das Reinigen theoretisch einfacher ist. Es gibt nur eine Dusche und eine Toilette, ein 8er-Dorm, ein Doubleroom („Lovebug“) und ein 4er-Dorm. Zudem ist die Seite komplett mit Fliesen ausgelegt, so dass man keinen schweren Staubsauger durch die Gegend schleppen muss. Trotzdem ist diese Seite erwartungsgemäß etwas dreckiger und die Gerüche, die manchmal aus dem Dorm kommen, sind gewöhnungsbedürftig. Auf der anderen, meiner Lieblingsseite, gibt es zwei 3er-Zimmer, ein Ensuit-Zimmer (2er, bzw. 3er mit eigenem Bad) und unser Zimmer, was eigentlich ein Zweibett-Zimmer ist. Zusätzlich zu dem Ensuitbad gibt es noch zwei große Bäder, der Flur und die Zimmer sind mit Teppich ausgelegt. Nur, damit ihr euch das Hostel mal ein wenig vorstellen könnt. Es gibt noch ein „Backhouse“, das zurzeit geschlossen ist (im Winter ist hier nicht viel los), bis auf den einen Raum, in dem wir die Fussballspiele verfolgen können. Außerdem steht direkt an der Straße noch ein „Fronthouse“, in dem Anthony und seine Freundin (und bald das Baby) wohnen, das ebenfalls noch zwei zu vermietende Zimmer und ein Extrabad beinhaltet. Ich habe schon von einigen Cleanern gehört, dass in anderen Hostels eine ganz andere Putzphilosophie herrscht, und ich bin froh – und kann das auch nur jedem empfehlen – mir so ein sauberes Hostel ausgesucht zu haben! Wir machen jeden Tag alles sauber. Also die Dusche wird eingeseift, alle Oberflächen, die Toilette, die Wände und die Toilette herum werden abgewischt. Der Boden wird gewischt, die Spiegel geputzt, Waschbecken, etc. Und alles, was wir nass machen, trocknen und polieren wir danach noch mit einem Handtuch. Auf diese Weise gibt es keine ekligen Sachen, wie den Mülleimer oder die Klobürste, die niemand mehr anfassen will. Der Job ist wirklich nicht eklig. Natürlich gibt es wie immer auch einige Nachteile, sonst würde es ja jeder machen wollen. Nachdem der jeweilige Hostelflügel gereinigt wurde, kommt die Küche und der Gemeinschaftsraum dran. Küchenkräuter, Tee etc. werden aufgefüllt, der Kühlschrank nach „unbelabelten“ (auf jedem Lebendmittel muss ein Name stehen) Sachen durchsucht, alles wird abgewischt, der Boden gefegt und gewischt, abgetrocknet etc. Ein kleiner Nachteil ist der „innere Druck“, den wir uns machen sollen. An sich reicht die Zeit gut, um all diese Sachen in drei Stunden zu putzen, doch Anthony möchte, dass wir uns beeilen, um jeden Tag eine Zusatzaufgabe zu schaffen. Das ist natürlich sinnvoll, um alles in Schuss zu halten, aber es stresst mich etwas innerlich, vor allem, wenn viele Leute auschecken und dadurch einige Betten zu machen sind. Unangenehm sind manchmal auch die Tage, an denen zu viele Cleaner da sind und einer von uns die vollen drei Stunden Zusatzaufgaben machen muss. Das kann dann so aussehen, dass ich die vollen drei Stunden auf einer Leiter stehe und versuche, mit einem Lappen die Fliegenkacke an der Decke mit dem Arm über meinem Kopf wegzumachen. Nach zwanzig Minuten denk man: Ok, ich schaff das höchstens noch eine Minute und mein Arm fällt ab. Aber irgendwie klappt es dann doch, macht einen aber nicht unbedingt glücklich.
Ansonsten sehe ich den Cleaner-Job gerne als Morgensport. Danach ist man wirklich wach und fit für den Tag. Ich habe das Gefühl, dass es ein guter körperlicher Ausgleich zum Rumlaufen im Restaurant ist. Ein kleiner weiterer Wehrmutstropfen, der mich zum Glück nicht ganz so betrifft, ist die „Stellung“ der Cleaner hier im Hostel. In anderen Hostels haben wir immer das Gefühl gehabt, dass die Cleaner eher eine bessere Stellung als die Gäste haben. Manchmal gibt es Extra-Frühstück, oder zusätzliches „Crew-Essen“, einen eigenen Cleaner-Bereich etc. Hier im Hostel gibt es wohl im Sommer ein eigenes Cleanergebäude, was jedoch im Gegensatz zum Rest des Hostels eher heruntergekommen ist. Die Cleaner hier dürfen das frisch gebackene Brot nicht essen (Anthony hatte da mal schlechte Erfahrungen gemacht) und sollen möglichst den Platz räumen, wenn „richtige“ Gäste irgendwo sitzen wollen. Außerdem schlafen die Cleaner im großen Dorm oder in einem anderen Mehrbettzimmer und dürfen nicht mitbestimmen, wer zu ihnen ins Zimmer kommt, was vor allem für Lena (zeitweise Cleaner und Kellnerin) ein paar unangenehme Nächte mit eine schnarchenden Psycho-Katzenfrau mit sich brachte. Mich hat das zum Glück nicht betroffen, da mein Platz bei den zwei Jungs sicher war und wir unser eigenes leckeres Brot backen. Wäre ich jedoch in der Situation der anderen Cleaner, weiß ich nicht, ob mir die drei Stunden eine 20-Dollar-Übernachtung (10 Euro) wert wären. Gut, ein Tag in der Woche ist frei und die Wäsche dürfen wir kostenlos waschen. Alles in Allem und in meiner Situation finde ich den Job aber gut.
Nach drei Stunden putzen, also um 12:30 Uhr hab ich dann frei. Als Thomas noch da war, stand er zu dieser Zeit unter der Dusche, so dass wir, nachdem ich ausführlich geduscht habe (die Steigerung von Ausführlich ist die Zeitdauer, die Thomas duscht;) sind wir dann ungefähr zur gleichen Zeit fertig und „frühstücken“ zusammen, eine Tradition, über die Anthony bis zum Schluss nicht hinweg gekommen ist. Oft saßen wir dann lange am Tisch, meist, bis Jere so um 14:30 aus der Fabrik heim kam. Um 15:30 mache ich mich dann bereit, um meinen Arbeitsabend im Restaurant zu beginnen.
Nachdem ich mein Bewerbungsgespräch hatte, arbeitete ich die erste Woche 3 Tage jeweils so 3 Stunden zur Einarbeitung durch die zwei Kellnerinnen. Ab Montag war ich dann bereits allein, was bedeutete, dass ich jeden Tag von vier bis ca. 21.00 oder 22:00 Uhr im Restaurant war. Bald darauf wurde Lena eingestellt, die ich mit meiner wenigen Erfahrung einarbeitete.
Nach Lena geschah das gleiche mit Maxi, meiner aktuellen Kollegin. In der ersten Woche der Einarbeitung arbeite ich jeden Tag ab 16:00, nicht wie in „normalen“ Zeiten abwechselnd mit 18:00Uhr-Schichten. So ging das eine ganze Zeit, und es lief gut, doch in der Einarbeitungswoche von Maxi merkte ich, dass ich einen Gang zurück schalten muss. 6 Tage die Woche von früh bis spät ohne eine wirkliche Erholung zu arbeiten, hinterließ vor allem Spuren an meiner Haut: Meine Neurodermitis zeigte sich, meine Finger schwollen an und ich bekam einen pickligen Ausschlag am Arm und Flechten in den Armbeugen. So genau wollt ihr das gar nicht wissen.
Auf jeden Fall sagte ich Anthony, dass ich eine Pause vom Cleanen brauchte und so kann ich jetzt ein paar Tage bzw. Wochen vormittags etwas entspannen. Meine Haut sieht bereits nach vier Tagen schon viel besser aus, zumindest an den Armen. Im Restaurant versuche ich, beim Spülen möglichst Handschuhe zu tragen, was nicht immer geht, wenn viel los ist. Und zurzeit ist trotz Winter der Laden abends oft voll, weil gerade die Schulferien begonnen haben. Der letzte Freitag und Samstag war so überlaufen, dass wir zeitweise Gäste wieder wegschicken oder am Tresen auf einen Tisch warten lassen mussten.
Der Restaurantjob macht wirklich Spass, auch das Einarbeiten der neuen Kellnerinnen, aber vor allem das Reden mit den Gästen. Jeden Abend gibt es zumindest einen Gast, der besonders nett ist und sich Zeit nimmt, ein paar Worte mit mir zu wechseln und so bekomme ich einen kleinen Einblick in das Leben der Kiwis hier in Nelson. Insgesamt komme ich auf ca. 25 Stunden pro Woche und mit etwas mehr als dem Mindestlohn kann man gut Unterkunft und Essen zahlen, jedoch nicht ganz so viel für die weitere Reise sparen.
Ab dem 17. Juli hat das Restaurant für 3-4 Wochen geschlossen, so dass ich mich für diese Zeit bei der Fischfabrik beworben habe. Die Chancen stehen jedoch nicht so gut, denn die brauchen eigentlich niemanden mehr und auf der Warteliste standen viele Namen über mir.
Eine Möglichkeit ist, dass ich wieder anfange, hier im Hostel zu putzen. Außerdem fliegt Anthony mit seiner Freundin ab dem 21. Juli für einen Monat nach Kanada und ich könnte zwei Tage in der Woche die Rezeption machen. Also mal schauen, was sich alles so ergibt.
Übrigens: Normalerweise, also im Sommer, werden in vielen Hostels keine arbeitenden Backpacker aufgenommen, zumindest nicht für eine längere Zeit. Dies soll verhindern, dass sich feste Gruppen bilden und der interkulturelle Austausch gefährdet wird. Es gibt spezielle „Arbeiterhostel“, in denen hauptsächlich Asiaten wohnen. Übrigens: Viele Asiaten nehmen die knochenharten Jobs an, bei denen man z.B. pro Weinstaude bezahlt wird, über 11 Stunden am Tag schuftet und oft unter dem Mindestlohn bleibt. In Gesprächen mit anderen Reisenden haben wir schon von den wildesten Arbeitsbedingungen gehört.
Ich kann jetzt schon sagen, dass mir besonders der Restaurantjob gezeigt hat, dass man sich (fast) überall einarbeiten kann und sich nicht durch schlechte Erfahrungen vor Dingen verschließen sollte. Sehr von Vorteil ist auch, dass ich viel Englisch rede und höre und dadurch immer sicherer werde.
Wieder mal ein sehr farbenfroher Bericht (und damit meine ich nicht die Farbe von Fliegendreck) von dir. Wenn ich das nächste Mal in die Pizzeria komme, kriegst 50Cent Extra-Trinkgeld von mir 😉
Das wär ja schon fast ein Wochentrinkgeld 😉
Hier in Neuseeland ist Trinkgeld unüblich, so dass wir auf nur ca. 5 Euro Trinkgeld in der Woche (!) kommen!
Dafür essen wir Freitag und Samstag abends in der Pizzaria zusammen.
Oh je, da muss ich mich ja auf was gefasst machen. Wir sind ab September auch auf der Südinsel. Mal sehen, was wir so für Jobs finden. 🙂
Nur Mut. Denke im Frühling bzw. Sommer hat man da eine größere Auswahl 🙂